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Hochwasser in München – wenn die Lebensader zur Heimsuchung wird

Die Hochwasser-Katastrophe des 13. Septembers 1813

Als man sich 1813 zum Oktoberfest rüstet, ist das Wetter der Wiesn nicht gewogen. Eine Hitzewelle versprach noch im August ein rauschendes Fest, Anfang September türmen sich jedoch dunkle Wolken auf. Über Tage prasselt Regen auf die Stadt, Stürme brausen über sie hinweg. Und der Pegel der Isar steigt rapide.

Lehmgelbe Fluten donnern durch München. Sie reißen Uferböschungen und Gebäude mit sich, überfluten die untere Au bis zum ersten Stock. Dachstühle und Baumstämme schießen auf den Wellen, beschädigen Dämme, Wehre und Isarbrücken. Freiwillige stemmen sich Tag und Nacht gegen weiteres Unheil, für andere ist das alles ein Spektakel.

Es lockt am 13. September Hunderte an die Ufer und auf die Schwanenbrücke zwischen Kohleninsel und Isartor, Warnungen über ein bedenkliches Wanken der Konstruktion werden aber in den Wind geschlagen. Um halb sieben kommt es zur Katastrophe. Die steinernen Pfeiler geben nach, die Schwanenbrücke stürzt in die Fluten und reißt die Schaulustigen mit sich. 20 Leichen spült die Isar ans Oberföhringer Ufer, insgesamt werden 93 Menschen Opfer des Hochwassers und ihrer Neugier.

»Isara rapidus«, die Reißende, wie Kelten und Römer die Isar angeblich nannten, entlud an diesem Tag eine Gewalt, der Mensch und Menschengemachtes nicht gewachsen waren.

 

München, die Isar und das Hochwasser

München ist eine der Städte, die sich erst eine Brücke und ein Mauthäusel aufstellten (im hiesigen Fall nicht ganz legal umgesetzt) und es dann genoss, dass der Fluss Mühlräder und Pumpen bewegte sowie Handelsgut hinein- und Unrat jeglicher Couleur hinaustransportierte. Ein Quell der Macht und florierender Finanzen, den Preis des Segens erkennt man jedoch beim Blättern durch die Chroniken, an den regelmäßigen Vermerken über verheerende Überschwemmungen durch das »frei gewaltig wazzer« aus dem Karwendelgebirge.

Aus gutem Grund hielt sich das alte München in sicherer Entfernung auf der Altstattterrasse und ließ die Isar in einem breiten Bett an der Stadt vorbei mäandern. Über Jahrhunderte bastelten die Münchner dennoch ausgiebig ihr herum. Wehre und Senkbäume befüllten das System der Stadtbäche, Kiesinseln lenkten ungenehme Flussarme sachte um, erste Uferbefestigungen schützten kritische Stellen wie die Floßlände, zeitweise eine der Größten in Europa.

Dass dadurch die Au, Thalkirchen, Harlaching und Oberföhring von Zeit zu Zeit auf dem Trockenen saßen oder im Hochwasser verschwanden, begegneten die Münchner mit erstaunlicher Sturheit. Bei einer plötzlich auftretenden Flutwelle 1598 blieb den Auern nichts anders übrig, als sich auf Bäumen in Sicherheit zu bringen, das Dorf gehörte aber noch nicht zum Stadtgebiet und ein Entgegenkommen war eine Frage der Kostenübernahme.

 

Von Isarkorrektionen und Direktionslinien

Bis zum 19. Jahrhundert behielt die Isar das Gesicht des Wildbachs, der sie eigentlich ist. Aber München entwickelte sich und wuchs von rechts und links in das Gebiet hinein, das seit jeher die Isar für sich beanspruchte.

»Öde Gründe« sollten nun trockengelegt, für die Vergrößerung und bauliche Verschönerung der Großstadt nutzbar gemacht werden, Spekulanten warfen begehrliche Blicke auf Renditeträchtiges im Überschwemmungsgebiet. Einmal überlegte man sogar, den rechten Arm der Isar gänzlich zuzuschütten. Für die Isar brachen zwei Jahrhunderte mit Zucht und Ordnung in versteinerten Ufern an.

Den Auftakt machten Kurfürst Max Joseph und sein Wasserbaumeister 1806. Sie begradigten die Isar bei Bogenhausen und wiesen ihr eine »angemessene Normalbreite« zu. Ausgerechnet hatte man sich, dass dadurch mehr Schubkraft entstünde, sie sich tiefer eingrübe und außerdem die lästigen Sand- und Kiesbänke verschwünden. Funktionierte hervorragend – weitere Effekte konnte man 1813 beim Einsturz der Schwanenbrücke und der Verwüstung der Au besichtigen.

Das Hochwasser 1813 gab den Anstoß für Jahrzehnte, in denen man durch immer neue wasserbauliche Maßnahmen die Isar zu bändigen versuchte. 1851 und 1853 warf sie sich besonders unbarmherzig über die Au und Thalkirchen. Alles nur Folge »außergewöhnlicher Naturereignisse« besänftige der Stadtbaumeister, schließlich kam aber auch im Münchner Süden der (bis dahin recht zäh verlaufende) Hochwasserschutz in Gang. Eine Rolle spielte sicherlich auch, dass 1853 die Deiche im Stadtgebiet nicht mehr hielten, »der Bach in die Stadt kam« und auch Tal, Lehel und Herzogspark zunehmend von Hochwassern heimgesucht wurden.

 

Hochwasser 1899, 1940 & 1954
und ein neues Bollwerk in den Bergen

Ein weiteres Rekordhochwasser 1899 grub sich in das Gedächtnis der Stadt ein. Es schwappte über die Dämme, riss die Spitze der Kohleninsel weg, Thalkirchen, Au, Maximiliansanlagen wurden zu einem riesigen See. Der »Anblick war großartig traurig, aber auch wildschön«. Erneut stürzten Brücken ein, die brandneue Luitpoldbrücke von 1891 sowie die Max-Josephs-Brücke. Bemerkenswerterweise passierte es wieder an einem 13. September, wer zum Aberglauben neigt, überquert die Isar an diesem Tag eher ungern – oder unterirdisch.

1899 schuf neue Maßstäbe, ein großzügiges Hochwasserschutz-Programm startete auf der gesamten Länge der Isar. Dazu gehörten auch sechs neue Isarbrücken, sie bestimmen bis heute das Stadtbild im Zentrum. Dramatische Tage 1940 und 1954 zeigten aber, dass all die Wehre, Dämme, Kaimauern, Regulierungen und vorab berechneten Durchflussmengen noch nicht reichten. Beide Male stieg das Wasser höher denn je, Schlamm, Schlick und fauliger Gestank machten sich wieder in den Straßen und Wohnungen der Münchner breit.

Nun ging der Freistaat das Hochwasserproblem an der Wurzel an, nämlich in Lenggries. Man baute den Sylvensteinspeicher, seit 1959 macht das Isarwasser auf seinem Weg nach MÜnchen München eine Pause im Stausee. In den späten 1990ern erhöhte man den Damm und mittlerweile fasst er 125 Millionen Kubikmeter.

Der Sylvensteinspeicher reguliert, was sonst ungezügelt auf die Stadt zukommen würde. München kann sich daher sogar im Sommer über ausgeglichene Pegelstände und mehr als genug Trinkwasser freuen. Und das Bollwerk in den Bergen bewahrt die Stadt vor Leid und Zerstörungen.

Bei der großen Pfingstflut 1999 bahnten sich jede Sekunde bis zu 800 Kubikmeter Wasser ihren Weg durch München, hätte man den Damm nicht erhöht, wären es sogar 950 gewesen. Praterinsel, Deutsches Museum und die Gebäude am Ufer wären überschwemmt worden – man schrammte an einer Katastrophe vorbei. Hätte man den Sylvensteinspeicher nicht gebaut: jede Sekunde hätten sich 1.550 Kubikmeter Wasser durch München gewälzt.

 

Kathedralen in Münchens Unterwelt

16 Meter unter dem Hirschgarten findet man etwas Spannendes, eine Kathedrale mit Säulen und gespenstischen Ecken. Denn manchmal kommen die Wassermassen nicht aus dem Oberland, sondern prasseln direkt auf München nieder; solche Starkregenereignisse ereignen sich etwa 15-mal im Jahr (Tendenz steigend). Damit die Kanalisation nicht überfordert wird und die Straßen flutet, hat München in den 1990ern mit Millionensummen 14 unterirdische Speicherbecken gebaut.

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Sie fassen insgesamt bis zu 700.000 Kubikmeter, als flute man ein Fußballfeld 70 Meter hoch. Das Becken unter dem Hirschgarten ist eines der Größten Europas. Zum 20-jährigen veranstaltete München den »Tag der offenen Rückhaltebecken« und öffnete die Schleusen dieser kühlen, modrigen Unterwelt auch für Besucher.

 

Back to Nature – über den Wert der Freiheit

Nach 1954 war in Punkto Hochwasser wenig passiert – außer ein paar vollgelaufenen Kellern in privilegierten Wohnlagen war München 45 Jahre lang verschont geblieben. Das Hochwasser an Pfingsten 1999 stellte den einen Warnschuss dar, der ein lang gehegtes, wir finden das schönste Hochwasserschutzprojekt in Gang brachte: die Renaturierung der Isar.

Vom Großhesseloher Wehr bis zum Deutschen Museum entledigte man die Isar ihres Bettes aus Beton, gab ihr ihre Biegungen, Weideninseln, Auen und Kiesbänke zurück. Die Arbeiten dauerten von 2000 bis 2011, jetzt darf sie über acht Kilometer wieder mäandern und sich auf breiter Fläche in (fast) ursprünglicher Gestalt zeigen.

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Schon beim Hochwasser 2005, als die Bauarbeiten noch gar nicht abgeschlossen waren, zeigte sich, dass dieser Weg seinen Zweck erfüllte. Der Pegel stieg auf 5,36 Meter, Keller liefen voll, Auenwege wurden unterspült und Bäume entwurzelt. Die große Katastrophe blieb jedoch aus, denn das Wasser konnte sich auf den Flächen ausbreiten, die ihm die Stadtbaumeister zurückgegeben haben.

Für die Stadtentwicklung und den Hochwasserschutz darf man die Renaturierung als historisch bezeichnen, was München da unternahm, wurde mit Interesse verfolgt und sogar der trostlose LA River darf nun wieder Hoffnung schöpfen.

 

Deiche und Kaimauern, unterirdische Wasserspeicher und ein großer Beschützer in den Bergen, dazu eine weite Flusslandschaft mitten in der Stadt: München sollte sogar für ein 200-jähriges Hochwasser gerüstet sein. Aber warum immer das Schlimmste erwarten.

Gehen Sie mit uns lieber auf eine Radtour entlang der Isar, dorthin, wo es (nun wieder) plätschert, sprudelt und flimmert. Dann erzählen wir Ihnen noch viele weitere Geschichten über die Liebesabenteuer der Münchner an und mit der Isar.

Ihr Team
vom Spurwechsel München-Blog

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Feldl‘s Teufelsrad – Deftige Drehmomente auf der Wiesn

Aussitzen ist das A und O

Der höchste transportable Freifallturm der Welt! Die größte mobile Achterbahn der Welt! Fahrgeschäfte auf dem Oktoberfest punkten gerne mit Superlativen und Hightech und das sei ihnen natürlich gegönnt. Aber vielleicht kennen Sie das: die einfachsten Sachen sind oft die spaßigsten.

1908 fand sich erstmals ein sogenanntes Teufelsrad auf der Wiesn, damals auch Taifun oder Freudenrad genannt. Das Ganze war und ist eigentlich recht simpel. Inmitten von Zuschauertribünen steht eine runde Scheibe mit etwa fünf Metern Durchmesser. Die Leute setzen sich drauf, sie beginnt sich zu drehen, erst langsam, dann immer schneller.

Irgendwann verliert durch die Zentrifugalkraft jeder seinen Halt und rutscht gegen die Bande, bei den besonders Geschickten wird mit Lassos und einem großen Ball nachgeholfen, der von der Decke pendelt. Wer am längsten drauf bleibt, ist der Sieger. Zu gewinnen gibt es nichts – außer natürlich den kurzen Ruhm inmitten der Arena.

Die Idee zum Teufelsrad hatte die Schaustellerlegende Carl Gabriel, der München mit dem ersten Filmtheater und die Wiesn mit sogenannten Menschen- und Exotenschauen, dem Hippodrom, der Hexenschaukel und der ersten Achterbahn beglückte. Damals ein Großkopferter. Die Leute waren begeistert, er stockte auf und zeitweise standen bis zu zehn Teufelsräder auf der Wiesn.

 

Derblecken – die besten Beleidigungen der Wiesn

Nach dem zweiten Weltkrieg übernahmen Rudolf und Betty Feldl das Teufelsrad und führten das ein, was es heute zum Kult macht: den »Rekommandeur«. Das ist der Fahrdienstleiter und Moderator, der entscheidet, wer auf das Rad und wie lange er draufbleiben darf. Aber noch wichtiger: Seither werden den Mitfahrern deftige Sprüche und bayrische Kraftausdrücke um die Ohren gehauen, teilweise bis hart an die Schmerzgrenze.

Die Rekommandeure sind Meister des Derbleckens. Man kennt diese bayrische Tradition vom Nockerberg, bei dem Politiker aufs Korn genommen werden. Das Derblecken geht aber – soweit man weiß – auf die Dorfwirte zurück, die über die Geschichten und Gerüchte über ihre Gäste meist gut informiert waren und sie damit aufzogen, man spricht im Bayrischen vom ’naufg’schossen.

Die Kunst eines Rekommandeurs ist es, den schmalen Grat zwischen Gaudi und Beleidigung zu treffen, mit scharfem Blick treffende Bezeichnungen für Menschen zu finden, die man nicht kennt.

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Aktuell wechseln sich Franz Fesenmayer, Horst Hermann und Ludwig Wiggi Kugler auf der Empore ab. Politisch korrekt ist bei ihnen überhaupt rein gar nichts. Männer sind prinzipiell »Damische« oder »Deppen«. Wenn der Ball zum Einsatz kommt: »Da kann der Ball nix mehr schaden, bei den G‘sichtern.« Allzu sensibel darf man freilich nicht sein, denn wer eingeschnappt reagiert, brockt sich nur noch größeres Johlen der Zuschauer ein. Je später der Abend und je höher die Pegel desto unterhaltsamer wirds.

 

Reibung und Fliehkräfte auf dem Teufelsrad

Es sieht leicht aus, die Sache einfach auszusitzen, aber meistens dauert es nur Sekunden, bis die Leute abgeräumt sind. Rekordhalterin ist Laura, die sich sage und schreibe über neun Minuten auf der Scheibe hielt. Sie hatte als Schaustellerkind aber auch viel Übung, denn die Wiesn-Kinder stürmen seit Generationen nach der Schule das Teufelsrad.

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Stichwort Schule: Die Kollegen von der Süddeutschen haben vor einigen Jahren die Physik der Wiesn erkundet. Wie so oft auf dem Oktoberfest geht es um Reibung und Fliehkräfte. Naturwissenschaftlich sieht das so aus: FZ = m · w² · r sowie FR = FN · µ = m · g · µ wobei FZ > FR besonders gut ist und zum Schluss kommt dann w² · r · (µ · sin Alpha + cos Alpha)>g · (µ · cos Alpha – sin Alpha) raus.

War klar, Haferlschuhe sollte man eher nicht tragen. Wer sich aber noch detaillierter informieren mag, für den weiß Georg Eggers von der Fakultät für angewandte Naturwissenschaften und Mechatronik München genauer Bescheid.

 

Spurwechsel-Praxistipps fürs Aussitzen

Wir konzentrieren uns lieber auf Praxistipps. Was wohltuend ist: »Masse« an sich spielt keine Rolle. Große und Kleine, Dicke und Dünne haben gleiche Startbedingungen. Muskelkraft ist zwar nicht ganz verkehrt, aber grundsätzlich kommt es auf die Technik an.

  1. Trauen Sie keinem. Fairplay ist seit 1908 weder gewünscht noch darf es erwartet werden.
  2. Versuchen Sie das Rad im Sturm zu nehmen und einen Platz in der Mitte zu ergattern. Da ist die Zentrifugalkraft am geringsten.
  3. Barfuß oder mit Gummisohlen halten sie sich länger, am besten die Fußsohlen flach auf dem Boden halten.
  4. Probieren Sie nicht zu sehr ins Schwitzen zu kommen, sonst wird es zu rutschig.
  5. Speckige, kurze Lederhosen helfen sehr – sowohl neben als auch auf dem Rad.
  6. Dirndl sind weniger zu empfehlen – das gilt aber wiederum NUR auf dem Rad.
  7. Flach hinlegen, sobald der Ball und die Lassos zum Einsatz kommen!

Abgerissene Hosenträger und hochgerutschte Röcke gehören beim Teufelsrad auf der Wiesn dazu. Blaue Flecken können vorkommen, wenn es dumm läuft auch mal eine blutige Nase oder Schürfwunde vom Seil. Allerdings wird garantiert: »Es brauchts koa Angst vorm Ball ned hom, do is nur an Schaumgummi drin. Erst auf’d Nacht, wann de B’soffna kemma, mach ma Zieglstoa eini.«

Die meisten Gäste und Elisabeth Polaczy, deren Familie 2002 das Teufelsrad von Betty Feldl geerbt hat und bis heute betreibt, nehmen sowas aber entspannt: »Da gibt’s von uns ein Pflaster drauf und am nächsten Tag sind sie wieder da. Ich weiß ned, vielleicht sind sie masochistisch veranlagt.«

 

Bodenständigkeit & Chancengleichheit am Teufelsrad

Das Schöne am Teufelsrad ist seine Bodenständigkeit – die Preise sind mit etwa 4 Euro Eintritt human, schwach angeredet wird grundsätzlich jeder, alle dürfen ins Zelt und wenn der Mut dafür reicht auf die Scheibe. Einmal die Kinder, dann die Lederhosenträger, dann die Frauen ab Körbchengröße D …

Karl Valentin und Lisl Karlstadt amüsierten sich ebenso wie OB-Reiter, der seit einigen Jahren eine durchaus gute Figur macht, auch die Wiesn-Polizei schaut regelmäßig vorbei (»De kennan lang sitzen, des san schließlich Beamte«), sogar eine 100-jährige hat es mal probiert und kam wieder. Einen Promibonus gibt’s nicht. Elyas M’Barek hat sich in einen Lederhosenträger-Haufen (»Deppenhaufen«) geschmissen und gewann, Lilly Becker und Cathy Hummels aber … Schwamm drüber.

 

Wir von Spurwechsel sind Optimisten: Das 187. Oktoberfest wird vom 17. September bis zum 3. Oktober 2022 stattfinden und auch Feldl’s Teufelsrad seine Runden drehen. Das Gefährt hat Generationen zum Lachen gebracht, danach stolperten und wankten sie etwas verwirrt hinaus in die Nacht und den Rest ihres Lebens. Und eben dafür ist die Wiesn ja da.

Ihr Team
vom Spurwechsel München-Blog

 

PS Vielleicht entschädigen Sie sich, die Familie und Kollegen für den dieses Jahr ausgefallenen Oktoberfest-Besuch mit einem unserer Angebote. Auch in der Bayrischen Olympiade kann man eine Riesengaudi haben. Und wenn Sie mal von einem talentierten Rekommandeur und Stimmungsmusik unterhalten werden mögen, dann legen wir Ihnen die Isar-Floßfahrt ans Herz.

 

Postkarte: „Das Teufelsrad“ © Paul Otto Engelhard, Ottmar Zieher, 1912, Münchner Stadtmuseum, Sammlung Puppentheater / Schaustellerei

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Geldbeutelwaschen in München – Vielleicht hilft’s!

Das Geldbeutelwaschen in München

Aschermittwoch – an diesem strikten Fasten- und Abstinenztag beginnt wieder der Ernst des Lebens, zumindest für einen Katholiken. Damit die kommenden Monate in monetärer Hinsicht schon mal erfolgreich verlaufen, haben die Münchner das Geldbeutelwaschen am Marienplatz eingeführt. Sie versammeln sich am Fischbrunnen, spülen ihre Portemonnaies mehr oder minder kräftig durch und hoffen, dass dadurch die Kassen bald wieder reich gefüllt werden (oder bleiben).

Seit wann es das Geldbeutelwaschen in München gibt, ist nicht genau bekannt, eine erste Erwähnung stammt aber aus dem 15. Jahrhundert. Einfache Leute warfen Münzen in den Fischbrunnen, um die Herrschaft auf ihre miese Kassenlage nach den narrischen Faschingsfesten hinzuweisen. Daraus entwickelte sich das Geldbeutelwaschen für eine Gehaltsaufbesserung, das vor allem im 19. Jahrhundert beliebt war.

Später verlor sich der Brauch jedoch, bis er 1950 vom damaligen Oberbürgermeister Thomas Wimmer erneuert und leicht umgewidmet wurde. Seit genau 70 Jahren gehen nun die Bürgermeister und Stadtkämmerer hinaus auf den Marienplatz und waschen das leere Stadtsäckel im Fischbrunnen, auf dass die Einnahmen hineinsprudeln. Schaut man sich die kommunalen Kassen Münchens an, könnt irgendwie doch was dran sein …

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Wer am Aschermittwoch (wieder oder immer noch) unterwegs ist: 2020 findet das Geldbeutelwaschen am Fischbrunnen um 11 Uhr statt. Mit Freibier, Blasmusik, aller Voraussicht nach OB Dieter Reiter und dem (manchmal etwas lädierten) Faschingsprinzenpaar, das bei dieser Gelegenheit den Stadt-Schlüssel wieder zurückgibt. Wenn Sie es selbst ausprobieren möchten: Schaden kann’s nicht, außer Sie vergessen die Familienfotos auszuräumen.

 

Der Sprung der Metzger in den Fischbrunnen

Im Wasser des Fischbrunnens tauchen nicht nur Geldbeutel, sondern auch die Münchner Jungmetzger. Der Metzgersprung ist ein Initiationsritus, durch den sich die Lehrlinge zum Abschluss ihrer Ausbildung von ihren Jugendsünden freiwaschen. Eine Handwerkstradition, die zu den ältesten Bräuchen der Stadt gehört und in München noch an eine weitere Begebenheit erinnert.

Denn nach der Pestepidemie vor etwa 450 Jahren waren es Metzger, die tanzend und singend durch die Straßen zogen und dabei auch in den Brunnen auf dem Marienplatz sprangen. Dieses Spektakel lockte die verängstigten Leute wieder hinaus auf Straßen und Plätze und brachte die Lebensfreude zurück nach München.

Die Metzgerinnung genoss daher über Jahrhunderte hinweg das Privileg, ihren Nachwuchs am Rosenmontag im Fischbrunnen zu taufen. Schon den Vorgänger des heutigen Fischbrunnens zierten mehrere in Bronze gegossene Metzgerburschen. Zum Ende des 2. Weltkriegs wurde dieser Brunnen aus dem Jahr 1866 leider vollständig zerstört, drei der Figuren überstanden es aber und lassen heute wieder das Wasser aus ihren Eimern in das Becken strömen.

Im 20. Jahrhundert wurde der Metzgersprung genauso wie das Geldbeutelwaschen in München nur noch sporadisch gepflegt. 1928 ging es so vogelwild zu, dass es 174 Verletzte und sogar Rippenbrüche gegeben haben soll und nach 1954 verlief sich die Tradition endgültig. 1995 wurde der Metzgersprung aber wiederbelebt und findet seither alle drei Jahre im September statt, ist dann auch wärmer. Save the Date: das nächste Mal können Sie 2022 dabei sein.

 

Spurwechsel finden Sie dagegen jedes und ganzjährig am Fischbrunnen auf dem Marienplatz. Freitag, Samstag und Sonntag sowie an Feiertagen erwarten Sie unsere Stadtführer und Leihräder, um Ihnen auf einer Stadttour die Münchner Highlights zu zeigen – wir laden Sie herzlich dazu ein!

Ihr Team vom
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Münchner Schickeria – als München noch cool war

Kinder, das Rohr ist da!

Dieser Satz stammt – so die Überlieferung – von James Graser, einem legendären Münchner Playboy und genialen Verkörperungen der Münchner Schickeria. Angeblich begrüßte er damit die blonden Schönheiten am Pool des Bayerischen Hofs. Und Sie vermuten richtig, er meinte das Rohr in einer Bedeutung, bei der Backen erröten, sich Nasen rümpfen, Stirnen in Falten legen oder Mundwinkel verziehen. Bei der die Augen aber unweigerlich ein Stück abwärts wandern.

Damit wäre die Münchner Schickeria der 70er und 80er Jahre eigentlich schon gut umrissen. Dieses kleine, aber höchst unterhaltsame Grüppchen gab sich der Sinnenlust hin und genoss das Leben auf hohem Niveau. Manchmal im Gewand des gewohnheitsmäßigen Sexismus eines Playboys, immer etwas zu derb, zu protzig, zu laut. Und dadurch verursachte man auch über die Stadtgrenzen hinaus Reaktionen, das war ja unter anderem auch Sinn und Zweck der Sache.

Von James Graser (mit bürgerlichem Namen übrigens Hansl) und seinen feierwilden Kollegen sind unzählige Geschichten bekannt – sie handeln von schnellen Autos und schönen Frauen, wilden Partys und sauberen Räuschen. Daher kommt vermutlich auch der Begriff Schickeria. Der Schriftsteller Gregor von Rezzori fasst ihn in seinem Idiotenführer durch die deutsche Gesellschaft als Verbindung des französischen chic, also elegant oder modisch, und schickern, was im Jiddischen sich betrinken bedeutet.

 

Prinzipiell einfach: Wer reinkommt, ist drin (in der Schickeria)

Zur Münchner Schickeria gehörten diejenigen, die man allabendlich in den In-Lokalen wie Kay’s Bistro oder Roy und auf den Szene-Partys traf. Auf den Gästelisten standen Schöne wie das Busenwunder Barbara Valentin und Wilde wie Uschi Obermaier, einige Alt- und viele Neureiche, Skandalnudeln und illustre Gestalten. Eines der Unikate war z.B. der Teilzeit-Gastronom und Lebenskünstler Poldi Waraschitz, der sich als Schnorrerkönig durch die Buffets schlemmte und recht anständig vom Geld seiner reichen Freunde lebte, indem er für sie den Hofnarren spielte.

Auch den internationalen Jet-Set zog es nach München. Die einheimische Schickeria wurde durch Besuche von Hollywood-Stars wie Jack Nicholson und Sean Connery, Berühmtheiten wie Brigitte Bardot, Leonard Bernstein, Tina Turner und Soraya geadelt. Giorgio Moroder nahm mit den Rolling Stones und Queen im Hotel Arabella Platten auf und Freddie Mercury zog mit seinen Freunden durch die Nächte.

Flankiert wurden sie vom Tross der A-dabei-s, also denjenigen, die auch dabei sein wollten. Dass das nicht einfach war, besang die Spider Murphy Gang 1982 in ihrer Hymne über die Schickeria. Sie beginnt mit den Worten: Ja in Schwabing gibt’s a Kneipen / Die muss ganz was besondres sein / Da lassens solche Leit / Wie di und mi erst gar net nei.

 

Auffallen um jeden Preis – die große Inszenierung der Schickeria

In der Münchner Schickeria herrschte ein reges Kommen und Gehen, denn sie war eine gierige Gesellschaft. Viel musste man investieren, um dazuzugehören und manch einer hatte sich da auch gehörig verhoben. Niemals durfte man sich ausruhen, um nicht abgehängt, verlassen und vergessen zu werden.

Der Münchner Modezar Rudolph Moshammer begleitete die Schickeria von Anfang. Er verstand es als einer der ersten zu klotzen und mit liebenswerter Exzentrik zu unterhalten. Bei der Eröffnung seines Carnaval de Venise 1968 in der Maximilianstraße fuhr er in einer weißen Kutsche über einen roten Teppich vor, inszenierte sich mit toupiertem Haar wie sein Vorbild König Ludwig II und führte einen Gepard an der Leine durch den Laden. Mosi liebte das. Und seine Kunden aus der Schickeria auch.

Gerd Käfer, der das elterliche Kolonialwaren-Geschäft seit den 60ern zum Gastronomie-Imperium ausbaute, ließ einmal die 200 Gäste seiner Geburtstagsfeier in der Oper von Maskenbildnern ins andere Geschlecht verkleiden, dann fuhren sie in Bussen von Lokal zu Lokal. Gunter Sachs lud als Dracula verkleidet zu Partys in sein Loft, in dem er hunderte Kerzen aufstellen und das Menü von Musical-Darstellern servieren ließ. Beim goldenen Fest eines Industriellen war von den Wänden bis zur Kleidung und dem Essen alles aus Gold.

 

Die un-heimliche Hauptstadt

In ihrer Dekadenz, Maßlosigkeit und Extrovertiertheit war die Schickeria Ausdruck einer Zeit, in der München aufblühte. Die Jahre des Wiederaufbaus waren überstanden, Geld und Wirtschaftskraft reichlich vorhanden, Studenten, Freigeister und Künstler schätzten die liberale(-re) Atmosphäre der Großstadt und durch die Olympischen Spiele stand München im Blick der Weltöffentlichkeit. Angesichts des etwas blassen Bonn begannen sich die Münchner als heimliche Hauptstädter zu fühlen, wie der Spiegel schon 1964 erkannte.

Die Schickeria gedieh auf dem damals unerschütterlichen Selbstbewusstsein der Münchner, die zwischen glamouröser Weltläufigkeit und unfreiwilliger Provinzialität hin und hergerissen waren. Allabendlich traf man sich nun, um Abenteuer zu erleben, ohne zu wissen, wie das geht. Aber geführt von Leuten wie Mosi, Sachs und Käfer, die ganz genau wussten, dass es geht.

Münchens Schickeria dieser Jahre wurde getragen von Originalen und Exzentrikern, die zu opulenten Festen einluden. Den Künstlern der Selbstinszenierung, die ungeniert ihr Geld für dicke Autos und Frivolitäten (solche gab es damals noch) verprassten. Den berühmten Gästen, die die große Welt nach München brachten. All dieser Pomp war für die Münchner etwas gänzlich Neues, das sie beeindruckte und begeisterte.

 

Die Kolumnisten und Chronisten der Schickeria

Münchens Schickeria – man wollte Aufsehen erregen. Schon 1952 wurde in die Münchner Abendzeitung eine Gesellschaftskolumne aufgenommen, in den deutschen Medien die erste ihrer Art. Hier berichtete zunächst Johan Baptist Obermaier oder kurz Hunter über das, was die Münchner am Tag vorher versäumt hatten. Das Geschäft mit dem Klatsch blühte: zeitweise wurden seine Kolumnen von 40 Zeitungen nachgedruckt und trugen die Kunde in die Welt hinaus.

Um die Spalten zu füllen, war er Gast 1.000er Feste, setzte sich tagsüber an die Bar im Bayrischen Hof und notierte, wen er mit wem, wann gesehen hatte. München ist die einzige deutsche Stadt, in der Klatschkolumnisten ernstgenommen werden, konstatierte 1971 die Zeit.

Als Hunter zur Bild wechselte, übernahm bei der Abendzeitung der junge Michael Graeter. Seine Pirsch nach den schlüpfrigsten Geschichten und Skandalen der Schickeria inspirierte den Regisseur Helmut Dietl zu seiner sechsteiligen Fernsehserie Kir Royal. Eine gnadenlos bissige Persiflage auf diese Schicki-Micki-Gesellschaft der 1980er in München, selbstverständlich überzeichnet, aber im Kern sind die Geschichten über das wilde Leben der oberen Zehntausend so geschehen. Ein Glanzpunkt deutscher Fernsehunterhaltung – unbedingt anschauen!

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Die Seele einer Stadt ist ein kleines Universum aus Parallelwelten, ein Konvolut aus Erzählungen und ein Mosaik von Einzelbildern. Wenn Sie das nächste Mal den Begriff der Schickeria hören, dann denken Sie nicht an die gepflegte Langeweile in der Maximilianstraße und im P1, sondern an die legendären Feste und skurrilen Exzentriker, die damals in München das Nachtleben erobert hatten.

 

Wenn Sie selbst einmal ein rauschendes Fest geben möchten: Werfen Sie einen Blick auf unsere Veranstaltungen und Events in München. Dass in der Presse über Sie berichtet wird, können wir zwar nicht garantieren, auf Wunsch servieren wir Ihnen aber einen dieser bappsüßen Kir Royals!

Ihr Team
vom Spurwechsel München-Blog

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Von der Liebe zum Radeln – Fahrradfahren in München

Vom Reiz des Radelns in München

Männlich und Mitte 30, topfit, kampferprobt und manchmal auch mit leicht sauertöpfischer Miene – das ist einer der typischen Münchner Radler. Oder der Student, der sich neben der Wohnung kein Auto leisten kann und mit seinem Radl durch die Stadt scheppert. Oder die alternativen Fahrradschrauber, die basisdemokratisch an einer ökologischen Verkehrswende basteln.

Gesund, günstig und ökologisch, alles schön und gut und als Motive durchaus lobenswert und nachvollziehbar. Aber Fahrradfahren in München ist noch etwas anderes: Nämlich gut für`s Gemüt! Hier einige ganz unpolitische Gründe, warum wir das Fahrradfahren in München lieben.

 

München entdecken – auf eigenen Wegen

Auf dem Fahrrad erlebt man München auf besondere Art. Ist die Sicht in einer Limousine durch den Fensterrahmen und das Autodach begrenzt, hat man als Radfahrer den Rundumblick. Was gerade über einem schwebt, es könnte schließlich der SZ-Zeppelin sein: Im Auto wird man es verpassen oder nur mit unbequemen Verrenkungen erblicken können.

Die sonnengelben Türme der Theatinerkirche, die sich in den tiefblauen Himmel erheben – von einem Bus aus wird man sie nie in voller Pracht zu sehen bekommen, ihre Lage ist (Gott sei Dank) nämlich nicht verkehrsgerecht.

Entlang der Isar, rechts am Maximilianeum vorbei, kreuz und quer durch den Englischen Garten … Die schönsten Blicke und interessantesten Routen, die Ihnen München bietet, werden Sie nur auf einem Fahrrad entdecken können. Und damit sind nicht nur die großen Sensationen gemeint, sondern vor allem auch die manchmal flüchtigen Geschehnisse im Stadtleben.

Denn ohne innerhalb von Blechlawinen unangenehm aufzufallen, kann man mit dem Radl abbremsen und Abstecher unternehmen, um sich den kleinen Verführungen am Wegesrand hinzugeben. Diesen feinen Momenten, die einem oft am längsten in Erinnerung bleiben.

 

Fahrradfahren befreit die Sinne

Kurze oder lange Verschnaufpausen gehören ebenso zu einer Fahrradtour durch München wie der Fahrtwind. Also bitte ein Radler! Verbringen Sie sie am besten in einem der Münchner Biergärten. Deren Vorboten – würzige Grill-Gerüche von Steckerlfisch und Brathendl und die unverkennbare Geräuschkulisse – werden Sie auf einem Fahrrad als erster bemerken.

Picnic Beergarden MunichOder den Mälzereigeschmack, der in den Straßen rund um die Brauereien in der Luft liegt und München auch olfaktorisch zur Bier- und Brauereistadt macht. Radeln Sie außerdem mal in den frühen Morgenstunden durch ein Stück Natur im Münchner Osten, wenn der Dunst aufsteigt und die feuchten Wiesen duften. Mobile Meditation.

Die Atmosphäre unserer Stadt darf man auf dem Fahrrad auch körperlich wahrnehmen. Da ist zum Beispiel die flirrende Luft, die bei Hitzewelle in den menschenleeren Prachtstraßen steht (aber vom Fahrwind abgemildert wird) und die Kühle, die sich um die Parks und entlang der Isar ausbreitet (dort findet man in den Sommermonaten übrigens die Münchner wieder).

 

Es bewegt sich was, im Münchner Stadtverkehr

Weil wir gerade bei den Münchnern sind: Auf dem Fahrrad findet man sich unter ihnen wieder. München wandelte sich in den letzten 30 Jahren zu einer Stadt der Fahrradfahrer. Damit Sie uns nicht falsch verstehen. Auch in der oft ausgerufenen Radlhauptstadt München gibt es noch Vieles, wo es hapert und holpert. Da wollen wir nichts beschönigen. Aber an unzähligen Radfahrern in München bemerkt man, dass es Bewegung in der einstmals so autogerechten und -verliebten Stadt gibt. Hin zu einem modernen, urbanen Lebensgefühl.

Da ist die typische Glockenbach-Mutti, die auf dem Lastenrad mit Kind und Kegel den Alltag schmeißt, die Rentnerin, die sich auf gemütlich Gesetzesübertretungen in der Fußgängerzone leistet und der gut beschäftigte BMW-Manager, der verstanden hat, dass er damit einfach schneller und entspannter als Ziel kommt. In Schwabing darf man sogar den ehemaligen Oberbürgermeister Christian Ude gelegentlich überholen, der hat übrigens ein sehr lesenswertes Buch über seine Liebe zum Radeln in München geschrieben. (Um etwas Eigenwerbung zu machen: Wir auch!)

Auf dem Fahrrad kommt man mit all diesen Menschen in Kontakt und manchmal auch ins Gespräch. Und da meinen wir nicht die grantigen Sprüche, die man kassiert, wenn man wieder einmal im Weg steht oder etwas zu gemütlich radelt, auch das kommt halt vor.

 

Münchner Glück und Freiheit

Um unsere Liebe zum Fahrrad zu verstehen, muss man vielleicht an seine Kindheit zurückdenken. An den Stolz, der sich beim Balancieren auf zwei Rädern in der Brust ausbreitete, den Rausch der Geschwindigkeit, den man das erste Mal genießen durfte. Einfach an die Freiheit, die mit etwas Muskelkraft und Geschick plötzlich in den eigenen Händen lag. Einen Riesenspaß hat’s g‘macht! Und diesem Reiz des Radelns sind wir bis heute erlegen.

Fahhradverleih München

Wie die Grünen-Stadträtin Katrin Habenschaden letztens sagte: „Glück kann man sich nicht kaufen – aber ein Radl kann man sich kaufen, und damit ist man schon ganz nah dran.“ Wir würden ergänzen: man kann es sich auch ausleihen. Wir versorgen Sie im Spurwechsel München Fahrradverleih mit dem passenden Gefährt für Ihre Radltour durch München, vielen Tipps, der passenden Route und, wenn Sie mögen, sogar mit einer Brotzeit.

Aber kommen Sie doch mit auf eine unserer Fahrradtouren durch München! Dann haben Sie nämlich nicht nur ein echtes Münchner Gefährt, sondern auch einen fachkundigen Gefährten im Gepäck.

Probieren Sie es aus!
Wir haben nicht zu viel versprochen!
Ihr Team vom Spurwechsel München-Blog

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Weihnachtsmärkte in München – Glühwein, Kunst und Krempel

Stade Zeit – von wegen!

Wenn die stade Zeit vorbei ist, dann wird‘s auch wieder ruhiger. In diesen Worten von Karl Valentin liegt viel Wahrheit. Sobald die erste Kerze brennt, beginnt ein rasanter Endspurt, durchsetzt von Steuer und Buchhaltung, Zwangs-Wichteln, Vorbereitungen und Planungen für die Feiertage und darüber hinaus. Ursachen der üblichen Weihnachtstraum-ata eben.

Genau deswegen sollte man mindestens einmal eine Verschnaufpause auf einem der Weihnachtsmärkte der Stadt einlegen. Im zum Schluss grauen Schmuddelwetter des Novembers wurde noch gehämmert und geschraubt, jetzt wird es wieder hell und umtriebig. Allerorten gibt es etwas zu sehen und zu unternehmen und die unzähligen Märkte bieten für jeden etwas. Sogar für die Weihnachtsmuffel und Konsumverweigerer.

 

Von der Nikolaidult zum Christkindlmarkt

Weihnachtsmärkte haben, im Unterschied zu vielen anderen vermeintlichen Traditionen, eine tatsächlich lange Geschichte. Sie gehen zurück auf die Verkaufsmessen und Märkte im Mittelalter, bei denen sich die Städter mit Fleisch und Vorräten für den Winter eindeckten. Man nannte sie Nikolaidulten, die erste im deutschsprachigen Raum, von der man weiß, fand 1310 in München statt.

Schon früh durften dort auch Handwerker, Spielzeugmacher und Zuckerbäcker ihre Stände errichten. Urkundlich erwähnt wird ein Nikolaimarkt im Jahr 1642 in der Kaufingerstraße beim Schönen Turm. Sein Angebot ähnelte dem heutigen schon erstaunlich: „… Nürnberger Lebkuchen, baumwollene Kinderkleider, Kripperlfiguren und Kaminfeger aus Zwetschgen und Mandeln“.

Über die Jahre wechselten die Nikolaidulten immer wieder ihren Standort und im Zuge der Aufklärung nannte man sie ab 1806 Christmarkt. 1972 fand die Mutter der Weihnachtsmärkte aber auf dem Marienplatz als Münchner Christkindlmarkt ihren endgültigen Standort – die Fußgängerzone machte es möglich.

 

Du darfst (auf Münchens Weihnachtsmärkten)!
Schlemmerei und warme Socken

Ernährungsphysiologisch betrachtet sind Christkindlmärkte ein rücksichtsloser Anschlag auf unseren BMI, die Stollen und Plätzchen im Büro nicht mitgerechnet. Das war früher anders. Bis 1917 hatte die Vorweihnachtszeit mit Essen rein gar nichts zu tun. Der katholische Katechismus schrieb in Einstimmung auf das drohende Weltgericht Fasten und Büßen vor. Auch in den 50ern und 60ern gingen die Leute eher auf die Weihnachtsmärkte, um sich etwas Warmes zum Anziehen zu kaufen. Nicht aus Gründen der Religiosität, den meisten fehlte damals für Würschtl und Glühwein einfach das Geld.

Heute hat sich das vollkommen umgedreht, das Christkindlmarkt-Treiben veränderte sich vom Notwendigen zum Unterhaltsamen. Geschnitztes und Geklöppeltes wird eher gesehen als gekauft (es sei denn, man ist mit den Weihnachtsgeschenken mal wieder zu spät dran). Es wird probiert, getrunken und geschlemmt. Die Bratwurst ist nicht nur in Nürnberg die beliebteste Spezialität, wir persönlich erinnern uns aber mit Wohlwollen an den Christkindlleberkäs mit Weihnachtsgewürzen. Kommt wieder auf die Experimentierliste und wir sind gespannt auf die diesjährigen Neuerungen.

Unter den flüssigen Freuden – dafür hätte es auch keine Umfrage gebraucht – ist der Spitzenreiter der Glühwein. Auf dessen Qualität achten die Ausrichter auch recht streng. Sollte der Dezember aber doch wieder warm werden ein Tipp: Am Weißenburger Platz in Haidhausen wird der Christmator verkauft, ein süffiger Bock mit zugehörigem Likör. Aber nur bei Fön trinken, denn dann haben Sie auch gleich eine Ausrede für’s Kopfweh.

 

Weihnachtsrausch Made in Germany

Natürlich. Christkindlmärkte, Weihnachtsmärkte, Glühweinmärkte oder wie immer man sie auch nennen mag, sind zum Event und Marketinginstrument geworden. Allein in München setzt der Budenzauber mit seinen drei Millionen Besuchern aus aller

Weihnachtsmarkt Führung München

Welt stolze 260 Millionen Euro um. Vor allem den Italienern haben es die Märkte angetan. Verständlich, wenn man die italienischen Pendants einmal gesehen hat und der Gardasee ist ja auch in deutscher Hand. Die hiesigen Weihnachtswunder wurden sogar zum globalen Exportschlager, einen German Christmas-Market mit Nikolaus, Bratwurst und Sushi findet man sogar im weihnachtsverliebten Tokio.

Bei dieser Erfolgsstory ist es kein Wunder, dass manche Märkte schon Mitte November aufsperren. München verkneift sich diese Unsitte und eröffnet die meisten Weihnachtsmärkte erst in der Woche vor dem ersten Adventssonntag. Am 27. November gingen zum Beispiel die Lichter am Marienplatz an. Dadurch umgeht der Bürgermeister unter anderem auch kirchlichen Protest. Für die gehört ein Christkindlmarkt, wenn überhaupt, in den Advent. Auf jeden Fall darf er erst nach dem Totensonntag beginnen, der dieses Jahr am 25. November war. Dann geht es aber richtig los.

 

Glühwein allüberall!

Böse Zungen behaupten ja, dass der Münchner Christkindlmarkt mittlerweile von Pasing bis Riem reicht. Zugegeben, das Original am Marienplatz hat sich in den letzten Jahren schon ziemlich ausgewachsen. Auf mittlerweile 20.000 Quadratmeter zwischen Marienhof und Rindermarkt, Altem Rathaus und Richard-Strauß-Brunnen. Schon viel, aber per se nicht verkehrt. Schauen Sie sich das mal auf der offiziellen Seite der Stadt an, es sind viele schöne Sachen darunter.

Weihnachtsmarkt Schwabing

Dazu kommen noch der Mittelalter-Weihnachtsmarkt am Wittelsbacherplatz, der Clash der Klischees gleich mehrerer Welten beim Pink Christmas, der Viktualienmarkt, über den im Advent nicht nur feine Gerüche, sondern auch Winterzauber wogt, sowie zahlreiche Veranstaltungen und meist familiäre Weihnachtsmärkte der anderen Stadtteile.

Kunst, Kitsch, Romantik, Event oder Tradition – jeder davon hat seinen eigenen Charakter und besondere Reize, sie alle bringen Münchner und Nicht-Münchner, Christen und Nicht-Christen, Junge und Alte zusammen. Und darin liegt der eigentliche Wert der Weihnachtsmärkte.

 

Verschnaufpause mit Spurwechsel

Wenn Sie Lust haben, dann machen Sie mit uns einen Weihnachtlichen Altstadtrundgang, in dem wir Ihnen die nettesten Ecken zeigen und über bayrische und Münchner Weihnachtsbräuche erzählen. Wenn Ihnen aber dafür doch irgendwie die Zeit abgeht … Kommen Sie zumindest am Spurwechsel-Glühweinstand am Sendlinger Tor vorbei! Eignet sich hervorragend zum Vorglühen für die Christkindl– und Weihnachtstram oder für einen Feierabend-Glühwein!

Eine Verschnaufpause vom Weihnachtsstress hat schließlich jeder verdient! Wir freuen uns auf Sie!

Ihr Team vom Spurwechsel-Blog

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Die Tracht in München – Bayrisch zum Anziehen

Phänomen Wiesntracht

Es sind die Wochen des Oktoberfests, wenn die Trachtendichte in München besonders dramatisch ansteigt, sie zu tragen ist ein ungeschriebenes Gesetz unter den Wiesn-Besuchern. Der Trend begann in den 00er-Jahren, heute wird man ohne Dirndl und Hirschlederne zwar ins Zelt gelassen, dennoch fühlt man sich in Zivil bissl einsam.

Darunter ist jedoch kaum eine echte bayrische Tracht, eher das, was sich die Leute darunter vorstellen. Viele wankende Neuseeländer in gänzlich entbajuwarisierten 60-Euro-Komplettpaketen vom Discounter, das (dieses Jahr) teuerste Dirndl in der Promibox kostete sagenhafte 42.600 Euro – waren ja immerhin auch echte Perlen und Diamanten dran. Besondere Erheiterung verursachten bei den Moderedakteurinnen der Süddeutschen die Outfits von Patricia Blanco und Natacha Tannous (Stand Oktober 2018: Ballacks Freundin).

 

Die originale Münchner Tracht

Will man sich eine richtige Tracht anschauen, geht man lieber zum Trachten- und Schützenumzug. Dann kann man die Vielfalt der Stoffe, Muster und Verzierungen Münchner und oberbayrischer Trachten bewundern. Die beiden Trachtenvereine Lechler und Die schöne Münchnerin zeigen Gewänder, wie sie die Landbevölkerung zu Festtagen im Biedermeier trug, also zwischen 1820 und 1840. Diese gelten als echte Münchner Tracht und die letzten authentischen Exemplare ihrer Art, denn ab da zog die Tracht in die Welt der Mode ein. Oder andersherum.

In jedem Fall begann damals ein erster Trachten-Hype. Die höfische Gesellschaft spielte mit ihren Elementen und Städterinnen ließen sich für die Sommerfrische Kleider schneidern, die von Magdgewändern inspiriert waren. Tracht wurde zu einem Symbol für das einfachen Landleben in Bayern, eben dort, wo die Welt noch in Ordnung ist. Romantisiertes Rüstzeug gegen die Moderne.

Schon Ende des 19. Jahrhunderts begannen die Klagen, dass es sich bei all dem nur noch um Folklore dreht – stimmte ja auch und deswegen sollte man über die heutigen Partytrachten nicht gar zu sehr die Nase rümpfen. Patricia Blanco steht in fast 200-jähriger Tradition.

 

Laptop und Lederhosen

Im 19. Jahrhundert wurde ein großer Teil des heutigen Bayernbildes geprägt, wie man es heute liebt und inszeniert. Tracht, oder was auch immer man darunter versteht, war immer ein Bestandteil davon. Heimatgefühl und -stolz schwingt bei ihr mit – das ist die Macht der Tracht, welche die Oberen auch zu nutzen wusste.

Ministerpräsident Josef Strauß machte das Trachtengwand zur Arbeitskluft bayrischer Politiker und bis heute fehlt es bei keiner Wahlveranstaltung. Auf bundesdeutscher Ebene verursachte die Tracht letztens aber ein kleines Twitter-Scharmützel. Als Digitalstaatsministerin Dorothee Bär im Bundestag einmal ein Dirndl trug, kam prompt die Reaktion auf Twitter: Die Bayern finden’s passend, der Rest der Welt rückständig.

Diesen Dünkel hat die Tracht eigentlich längst hinter sich gelassen. Bei den Olympischen Spielen 1972 blickte die Welt auf dirndltragende Hostessen und schuhplattlnde Trachtler, allerdings vor der avantgardistischen Kulisse des Olympiageländes; rentiert hat sich das nicht nur für Silvia Sommerlath, heute bekannt als Königin Silvia von Schweden. Man präsentierte Bayern erstmals in seiner geschickten Mischung von Tradition, Moderne und Weltoffenheit – eben mit „Laptop und Lederhosen“.

 

Ich sehe Bombe aus im Dirndl

Das führt uns zurück zur Jugend und den vogelwilden Kreationen der Münchner A- bis C -Promis. Sicherlich, in den Trachtenvereinen engagieren die sich kaum bis gar nicht – Traditionspflege in dieser Form ist eher nicht das ihre. Für sie ist Tracht meist das Outfit für’s Volks- und Oktoberfest.

Das Dirndl verschleiert schönerweise unliebsame Konturen und Problemzonen und optimiert jedes Dekolleté; bei kurzen Lederhosen und Wadlstrümpfen verhält es sich vorne wie hinten nicht anders.

Aber abgesehen davon. Wir leben in einer Zeit, in der ferne Länder näher sind denn je und mobile Arbeitskonzepte zum Alltag gehören. Gerade in München wurde die Tracht in den letzten Jahren wiederentdeckt, als Zeichen dafür, dass man seine Heimat (ob hineingeboren oder gewählt) liebt und auch ein Stück weit stolz darauf ist. Und wir finden das großartig.

Ihr Team vom Spurwechsel-Blog

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Die Weißwurst – Münchner Mythos im Naturdarm

Wer hat‘s erfunden?
Die Münchner, möchte man meinen …

Am Faschingssonntag 1857 gingen dem Moser Sepp, Wirt des Gasthofs „Zum ewigen Licht“ am Marienplatz, die Schafsseitlinge für seine Kalbsbratwürste aus. Um die Kundschaft nicht hungrig nach Hause schicken zu müssen, füllte er das Brät in die dickeren und zäheren des Schweines und damit die Würste beim Braten nicht platzten, brühte er sie nur in heißem Wasser. Es war der 22. Februar, die Gäste waren von diesen Missratenen begeistert und die Weißwurst war geboren worden.

Ganz so einfach ist es nun aber doch wieder nicht. Laut Stadtarchivar Richard Bauer könnte die Weißwurst nämlich eine Fortentwicklung der wesentlich älteren Maibock-Wurst sein und es sie schon seit mindestens 1814 geben. Und die Hamburger verweisen darauf, dass eigentlich sie die bayrischste aller Würste erfunden haben. Die Idee hatten sie aus Frankreich, wo es schon im 14. Jahrhundert die Boudin Blanc gab, eine Kalbsfleisch-Wurst, die auch gebrüht wurde. Vive la Weißwurst!

 

Auf den Spuren der Weißwurst in München

Wo und wann die erste Weißwurst das Licht der Welt erblickte, ist eigentlich … wurscht. Klein, rundlich und weiß, im Grunde ja recht unansehnlich, wurde sie zu einem kulinarischen Klassiker, der eng mit Bayern und insbesondere München verbunden ist.

Im Rathaus befindet sich ein Weißwurstzimmer und der Münchner Turmschreiber Herbert Schneider hat ihr eine eigene Hymne geschrieben. Jährlich wird die Weißwurst-Königin gekürt, Bewerbungen trudeln sogar aus China und arabischen Ländern ein. Die „Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst“ setzt sich für Qualität und Image ein und die Metzgerinnung Arberland hat den 22. Februar zum Tag der Weißwurst bestimmt. Zum 100-jährigen gab es sogar einen Kongress, seine versuchte Wiederbelebung zum 160. Jubiläum verursachte jedoch einen höchst unterhaltsamen Zwist zwischen den Niederbayern und Münchnern und wurde abgesagt.

 

Am Weißwurst-Äquator

Die Weißwurst hat sogar Eingang in die Geographie gefunden; im Weißwurst-Äquator, der Bayern von Restdeutschland trennt. Wo er sich genau befindet, ist Auslegungssache. Die Hardliner sagen, bei 100 Kilometern außerhalb von München sei Schluss, meist wird die Donau als Grenze gesehen. Sehr liberale Zeitgenossen markieren den Main.

Nachdem die Beweislage für die Urheberschaft der Weißwurst noch unklar ist, hat Sepp Moser bisher kein Denkmal in München bekommen, gefordert wird z.B. eines am Münchner Viktualienmarkt. Die Freisinger sind da weiter. Dort steht der Moser seit Jahren vor der Gaststätte „Zur Aktienschenke“. Gut, dass Freising innerhalb des eng gezogenen Weißwurst-Äquators liegt … Die Zwiesler (oberhalb der Donau gelegen) haben die Sache geschickt gelöst. Sie verlegten den Äquator auf den 49. Breitengrad und definieren ihr Denkmal als das „Weißwurstäquator-Denkmal“.

 

Was ist drin, in der Wurst?

Die beste Weißwurst der Stadt gibt‘s beim Wallner im Wirtshaus in der Großmarkthalle, dem Weißwurstpapst im Schlachthofviertel. Vor einigen Jahrzehnten war es noch gang und gäbe, dass Wirte ihre Weißwürste selbst herstellten, inzwischen gehören Kesselfrische in München leider zu einer aussterbenden Art.

Beim Wallner kommt ausschließlich Kalbfleisch in die Weißwürste. Kalbfleisch ist das Kennzeichen einer „Original Münchner Weißwurst“. Eine solche muss mindestens 51 % davon enthalten, der Rest darf mit dem günstigeren Schwein ersetzt werden. Liegt der Anteil darunter, ist es eine schnöde Weißwurst. Dazu kommen frische Petersilie, Zwiebeln, Salz, Zitronenabrieb, Muskat, auch Ingwer und Kardamom; die Gewürzmischungen der Metzger gelten meist als Verschlusssache.

Einmal im Jahr geht die Münchner Metzgerinnung mit den Weißwürsten der Stadt streng ins Gericht. Konsistenz, Farbe, Geruch, Geschmack … sogar chemische und mikrobiologische Untersuchungen werden vorgenommen. Der Sieger wird für seine Leistungen mit einer Urkunde ausgezeichnet.

Lassen Sie uns von etwas anderem Sprechen als Nährwerten, nur so viel sei gesagt: Sie ist eine recht gute Grundlage für den Frühschoppen. Stattdessen eine etwas unangenehme Randnotiz der Geschichte: Das Rezept für die Original Münchner Weißwurst wurde erstmals vom Züricher Metzgerverband dokumentiert.

 

Das Zuzeln und die Kirchenglocken

Wir haben eine kleine Umfrage gestartet. Die Zuzler werden weniger. Nur noch die Traditionalisten älterer Semester bestehen darauf, das Brät mit den Lippen herauszusaugen. Das Zuzeln hatte sich ohnehin deswegen eingebürgert, weil oft keine Gabeln und Messer zur Hand waren. Mit den diversen Schneidetechniken (Längsschnitt, Kreuzschnitt, halbieren und schälen) blamiert man sich entgegen aller Klischees längst nicht mehr. Befremden erntet man nur, wenn man sie in ein Brezenstangerl klemmt.

Der Volksmund sagt, die Weißwurst darf das 12-Uhr-Läuten nicht hören. Obwohl das Weißwurstfrühstück immer noch der Klassiker ist, ist man auch da mittlerweile flexibler. Die Regel stammte aus einer Zeit, in der das Brät nicht länger frisch gehalten werden konnte. Und vielleicht beruht sie auch darauf, dass die Münchner Wirte die Handwerker aus ihren Gaststuben haben wollten, wenn mittags die zahlungskräftigere Kundschaft kam.

Was aber bis heute gilt: Weißwürste – und NUR DIESE – bestellt man beim Metzger und im Lokal stückweise.

 

Wurst-Case-Szenarien

Immer wieder hört man von Farbexperimenten. Ein Altöttinger hat sich das Patent für seine Grünwurst mit Matcha gesichert. Für eine SPD-Veranstaltung färbte man Weißwürste mal rot ein, als sie jedoch im warmen Wasser siedeten, wurden sie schwarz. Wir vermuten dahinter ja das Werk eines subversiven Metzgers …

Im Netz findet man viele weitere Kulinarisierungen. Schubecks Brezen-Weißwurst-Knödel stellen wir uns ja noch ziemlich fein vor. Im Café Katzentempel in der Türkenstraße gibt es eine vegane Weißwurst, die zwar gut, bloß eben nicht nach Weißwurst schmeckt. Aber Weißwurst-Lasagne mit Gorgonzola und Mangold …? Wohin soll das führen? Leberknödel-Lassi und Obazda-Burger?

Brezen, süßer Senf und ein Weißbier. Das gehört zu einem echten Münchner Weißwurstfrühstück. In diesem Sinne: An Guad’n! Wenn Sie weitere Geschichten von Münchner Spezialitäten und Gastronomen erfahren möchten, dann kommen Sie mit auf eine unserer kulinarischen Touren durch München, z.B. die ProbierTour über den Viktualienmarkt oder nochmal etwas herzhafter: die WirtshausTour.

Ihr Team vom Spurwechsel-Blog

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California Feeling – die City-Surfer an der Eisbachwelle

Wo das Wasser aufwärts fließt

Gleich neben dem Haus der Kunst findet man fast immer ein Geschiebe und Gedränge, hochgereckte Köpfe und Smartphones. Denn dort liegt die Eisbachwelle, ein vom Menschen gemachtes Naturschauspiel. Seit Jahrzehnten versammeln sich hier Sommer wie Winter, Tag und Nacht Jungs und immer mehr Mädels, um im Getöse ihr Können unter Beweis zu stellen – oder auch nicht.

Denn die Eisbachwelle hat es nicht nur in jeden anständigen München-Führer geschafft, sondern auch in den Stormriders Guide, die Bibel der Surfer. Ein Ritt auf der sogenannten E1 gilt als anspruchsvoll, kaum einer hält sich länger als einige Sekunden auf dem Brett, dann stürzt er in die Fluten und der nächste darf sein Glück versuchen. Um in den Minutenbereich zu gelangen, Kickflips oder gar einen 360er hinzukriegen, muss man lang geübt haben.

 

Wo eine Welle ist, ist auch ein Weg …

München ist von einem System unterirdischer Bäche durchzogen, die von der Isar gespeist werden. 1789 entwarf der kurfürstliche Gartenbaumeister von Sckell für den Englischen Garten ein Bachsystem (Führung: München – Venedig des Nordens), dazu gehören der Oberstjägerbach, der Schwabinger Bach und eben auch der Eisbach. Dort, wo letzterer ans Tageslicht tritt, bildete sich durch eine Steinstufe eine donnernde Welle, ihr ging jedoch der passende Strömungsgrad fürs Surfen ab.

Das änderte sich in den 80ern. Walter Strasser ist ein Münchner Unikat mit verwegenen Lebenslinien und gilt als der Hausmeister der Welle. Er hat damals eine klobige Metallschiene am Flussufer installiert, mit der er die Strömung regulierte und die Welle surfbar machte. In einer Aktion am helllichten Tag, bei der niemand daran dachte, dass sie keineswegs von der Stadt genehmigt worden war.

Hausmeister Strasser mag den inzwischen recht großen Trubel an seiner Welle überhaupt nicht, heute baut er lieber Didgeridoos auf Sardinien. Aber er hat ein bisschen Münchner Stadtgeschichte geschrieben.

 

Vom Brettlreiten zum City-Surfing

München gilt als Geburtsort des Flusssurfens und die Eisbachwelle hat es zu Ruhm gebracht. Die eigentliche Ur-Welle befindet sich aber im Thalkirchner Floßkanal. Dort stiegen Anfang der 70er die allerersten Stadt-Surfer Münchens auf ihre Bretter, man nannte sie damals die Brettlreiter. Durch ein am Ufer befestigtes Seil hielten sie sich auf einfachen Holzbrettern auf der Strömung, als der erste es freihändig schaffte, war das River-Surfing geboren.

Nicht viel später fand man Surfer in der Stadt auch andernorts, z.B. an der Wittelsbacherbrücke, wenn sich bei Hochwasser die Isar auftürmte. Es war das Guerilla-Surfing einer unangepassten Jugend – oft verfolgt von der Polizei. 2010 wurde dieser Ort im Rahmen der Renaturierung der Isar stillgelegt, der Münchner Fotograf Rainer Spitzenberger hat die Surfer von einst aber in der großartigen Fotoserie Epic Days verewigt.

Einen anderen berauschenden Einblick in das Lebensgefühl der Helden vom Eisbach gewinnt man in der Reportage Keep Surfing. Bjoern Richie Lob erzählt in spektakulären Bildern und rasantem Schnitt von den Pionieren der Eisbachwelle, von den Abenteurern, Außenseitern und Freigeistern. Einige davon haben den Sprung in die Welt geschafft und gehören heute zur internationalen Surferszene. Halten Sie aber dennoch die Augen offen, wenn die Isar Hochwasser führt.

 

Die grantigsten Surfer der Welt

Es heißt, dass die Eisbachsufer zu den grantigsten der Welt gehören (wir können das nicht bestätigen), schon Hausmeister Strasser hatte ein strenges Regiment geführt. Man munkelt, es kam auch zu Tätlichkeiten, wenn sich einer nicht an die Regeln halten wollte.

Das musste vor einigen Jahren der Münchner Schickeria-Rapper Felix Krull am eigenen Leib erfahren, der die Welle für einen Werbe-Auftritt missbrauchen wollte. Eine Münchner Episode, in der zwei Stadtwelten aufeinander prallen und wie sie schöner nicht sein könnte. Sie kennen den Begriff des Fremdschämens?

Noch bis 2010 surfte man am Eisbach unter Verbotsschildern – die Welle war längst zur Attraktion geworden und das Tourismusbüro warb damit. Es ging um Haftungsprobleme, denn die Eisbachwelle war im Besitz der Bayerischen Schlösser und Seenverwaltung. Durch einen Grundstückstausch mit der Stadt München konnte das Problem gelöst und das Surfen genehmigt werden.

Die Surfer verpflichteten sich allerdings zu einer Art Selbstkontrolle, bei der kein Anfänger auf der Eisbachwelle reiten sollte. So leicht es aussehen mag, die Strudel, Strömungen und Steine sind durchaus gefährlich. Daher wird so manch einer zur Floßlände in Thalkirchen geschickt, um nochmal zu üben. Oder ein paar Hundert Meter weiter zur kleinen Eisbachwelle am Dianabad, E2 genannt. Bis vor kurzem ein Spot, über den man Stillschweigen bewahrte, denn das Surfen ist dort eigentlich nicht erlaubt. Also Obacht: Es kann sein, dass man vom Ordnungsamt aus dem Wasser gefischt wird.

 

Am Eisbach wird‘s eng …

Im Tourismusgeschäft wimmelt es an Superlativen, dementsprechend zurückhaltend sollte man damit umgehen. Sei‘s drum: Die Eisbachwelle ist die am meisten besurfte Welle der Welt. Schätzungsweise gibt es in München inzwischen 2.000 Flusssurfer, vor etwa 10 Jahren waren es weniger als halb so viele.

Daher hat die Stadt bereits die Thalkirchner Ur-Welle für das Surfen freigegeben, sie ist jedoch noch nicht das ganze Jahr befahrbar. Es wird gerade überlegt weitere stehende Wellen im Stadtgebiet für die Surfer zu optimieren – auch eine Art der innerstädtischen Entlastung. Am wahrscheinlichsten ist die Wittelsbacher Schwelle, die muss nach 100 Jahren ohnehin saniert werden. Auch die E2 wäre möglich – allerdings beschweren sich die Anwohner jetzt schon und da gibt es wieder das leidige Haftungsproblem des Freistaates.

Erfolgsgeschichten finden immer ihre Nachahmer. So wollen z.B. auch die Wolfratshausener durch eine eigene stehende Welle mitziehen, es wird von einer „einzigartigen Chance mit gigantischem Imagegewinn“ gesprochen … Nun ja, das Original werden‘s sowieso nicht.

Das ist die Eisbachwelle in München. Sie gehört zur Stadt wie das Hofbräuhaus und der Viktualienmarkt und das Zuschauen macht einen Riesenspaß. Wenn Sie in der Gegend sind: Gönnen Sie sich unbedingt einen Abstecher!

Ihr Team vom Spurwechsel-Blog

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Zum Jubiläum ging es abwärts – bei einer Floßfahrt auf der Isar

Über ein jahrhundertealtes Geschäft … und Riesengaudi

Als wir um halb zehn unsere drei Flößer an der Floßlände in Wolfratshausen treffen, liegen bereits einige Stunden Arbeit hinter ihnen. Sie haben das Gefährt seit den frühen Morgenstunden zusammengebaut und für die Fahrt ausgerüstet; sie erwarten uns mit Bier, Brotzeit und eine Band.

Nur drei Wolfratshausener Familienunternehmen bauen ihre Flöße noch nach jahrhundertealter Tradition. Mächtige, mit der Hand geschäpste Fichtenstämme werden aneinandergereiht und an Querbalken befestigt, zum Navigieren gibt’s vorne zwei, hinten ein Ruder. Eine moderne Ergänzung ist der kleine Außenborder, der bei Bedarf von hinten etwas anschiebt. Unser Floß misst 18 mal 7 Meter, wiegt um die 20 Tonnen und mit unseren Gästen sind die Bänke gut gefüllt.

Ein solches Floß legt die fast 30 Kilometer von Wolfratshausen nach München in der Saison vom 1. Mai bis zur Eisfahrt im September etwa 100-mal zurück, bei Wind und Wetter, Absagen gibt es nicht, außer, es herrscht Hochwasser. Heute sind wir an der Reihe.

 

Unverbaute Natur und freier Blick auf Naturisten
in der Pupplinger Au

Nach den wichtigsten Sicherheitshinweisen legen wir von der Floßlände in Wolfratshausen ab, mit geschickten Handgriffen, viel Kraft und ordentlichem Rudertalent. Die Band nimmt die Arbeit auf, erzählt die ersten Witze (schon dafür lohnt sich die Fahrt) und auch eine der drängenden Fragen ist nun beantwortet: das kleine Häuschen in weiß-blau ganz hinten ist ein stilles Örtchen.

Um Wolfratshausen liegt eines der letzten Landschaftsschutz-Gebiete Bayerns, die Pupplinger Au. Dieser Isarabschnitt ist wohl der ursprünglichste im Münchner Einzugsgebiet; der Fluss teilt sich in viele Arme, ein dichtbewachsener Auwald mit Grün in allen Schattierungen flankiert ihn.

Trotz des schönen Wetters entdecken wir auf den Kiesinseln nur zwei der Nackerten, die sich in der Pupplinger Au seit den 1970ern ein gewisses Gewohnheitsrecht erarbeiten konnten und gegen welche die Stadt Wolfratshausen und das Landradsamt nur bedingte Erfolge erzielen konnten – von unseren Flößern werden die beiden übrigens mit Namen gegrüßt.

 

„Im Sommer koa’n Mo – im Winter koa Geld …“
Das Flößerhandwerk im bayrischen Oberland

Das Wissen und Können der Flößer wurde in Wolfratshausen über die Generationen bewahrt, die heutigen Isarfloßfahrten führen eine Tradition unserer Gegend fort, die 2014 von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe erhoben wurde.

Flüsse waren schon im Mittelalter wichtige Transportwege, Isar und Loisach jedoch vielerorts noch reißend und für Schiffe nicht befahrbar. Stabile Flöße waren die Alternative, um Bier und Baumaterialien, aber auch die Schätze des Südens und Orients zu den neuen städtischen Eliten zu bringen. Darunter Samt und Seide, Gewürze, Öle und Wein, Bundmetall, Gold- und Silberwaren aus dem Handel mit den italienischen Metropolen, insbesondere Venedig. Und diese Variante war auch doppelt lukrativ, denn die Stämme konnte man am Zielort gleich als Baumaterial verkaufen.

Um Zahlen zu nennen: Allein für den Bau der Münchner Frauenkirche ab 1473 schafften 147 schwer belade Flöße 7.000 Baumstämme aus den Bergen heran; um die 3.500 Flöße jährlich landeten in Wolfratshauen an – man kann sich nur schwer vorstellen, was damals auf der Isar losgewesen ist.

 

Ledige Weibspersonen am Steuer!
Die Zunftordnung der oberbayrischen Flößer

Am Isarspitz, wo die Loisach in die Isar mündet, biegt unser Floß auf den Isarkanal und die Geschwindigkeit nimmt spürbar ab. Es ist Zeit, die Badesachen anzuziehen und das Floß schwimmend zu begleiten, „Auf- und abspringen während der Floßfahrt“ wurde uns explizit erlaubt. Hier dürfen auch die ersten „Weibspersonen“ einmal probeweise ans Ruder – in früheren Zeiten im Namen seiner Majestät des Königs von Bayern aufs Strengste verboten.

Es kommt vor, dass ledige Weibspersonen bei den Floßfahrten zur Lenkung der Flöße verwendet werden. Da aber weibliche Individuen im allgemeinen als des Floßfahrens kundig und hinlänglich rüstig hiezu nicht genommen werden können (…), so sieht sich die unterfertigte Stelle veranlaßt, auf die Unzulässigkeit der Verwendung lediger Weibspersonen zur Lenkung der Flöße hiermit aufmerksam zu machen. München, den 13. Dezember 1841

Während heutzutage unsere Teilnehmerinnen die Ruder spontan ergreifen, durfte früher erst dann, wenn einer „abgeleibt“ war, ein anderer an seine Stelle nachrücken. Als Zunftsmitglieder unterlagen die Flößer auch besonderen Verhaltensregeln: 35 Pfennige waren für Reden bei der Arbeit fällig und dazu kamen noch „5 Pfennige für einmal Fluchen“. Wobei letzteres doch eine Kunst ist, in der die Bayern bis heute führend sind.

Nochmal strenger war die Wolfratshausener Zunftordnung bei Alkohol am Steuer: „Flößer, die sich unterwegs in den Herbergen betrinken und schlechtes Verhalten an den Tag legen, werden mit Wasserbaden bestraft.“ In schlimmen Fällen wurden Fahrverbote verhängt. Als Joseph Friedrich Lentner 1848 die Isarflößer für den Kronprinzen Maximilian studierte, musste er dennoch vom „Überhandnehmen sittlicher Gebrechen, Trunksucht und Rauflust“ berichten …

 

Logistische Wunder in der Wirtschaft
… und dann wurd’s ernst

Mittags kehren wir auf halber Strecke bei Straßlach in einer der letzten altbayerischen Wirtschaften im Mühltal ein. Sie liegt an einem herrlich gottverlassenen Eck an der Isar – beliebt bei Wanderern und Radlern und bekannt für logistische Wunder unter Kastanienbäumen. Zackig werden von den Bedienungen die Getränke gebracht, hinterher kommt einer der ehrlichsten Schweinebraten unserer Karriere, für die Vegetarier gibt’s Rahmschwammerl mit Knödel. Unser Veganer musste da halt auch durch.

Vom Biergarten können wir bereits einen Blick auf die wohl heikelste Stelle für unser tonnenschweres Gefährt werfen: die längste Floßrutsche Europas am Wasserkraftwerk Mühltal. Seit den 1920ern rauscht man in einer Schussfahrt mit bis zu 40 Sachen durch die enge Floßgasse hinunter, über eine Länge von 345 Metern überwindet man fast 18 Meter. 35 Sekunden Achterbahn-Feeling.

Zwar hat die ansonsten recht flotte Unterhaltungsmusik unserer Eventfahrt zu „Time to say Goodbye“ gewechselt, alle Beteiligten haben diese und die folgenden, etwas kleineren Floßrutschen aber unversehrt überstanden – durchgerüttelt, johlend, scheppernd, am Schluss mit einer großen Welle übers Floß und einer Riesenstimmung!

Für einen anderen Betriebsausflug ging sie aber weniger glimpflich aus. Die Münchner Illustrierte Nr. 30 vom 27. Juli 1957 berichtete über „einige Verletzte und zahlreiche Entnervte“.

 

Die Furchtlosen, Geschickten und Gutverdienenden
Gefahren an und auf der Isar

Auf den heute meist ruhigen Gewässern zwischen Wolfratshausen und München mag man bei Bier und Brotzeit vergessen, dass die Isar ein tückischer Gegner sein konnte. Die Steuermänner mussten blitzschnell auf Stromschnellen und Wirbel reagieren, jäh Felsbrocken und Baumleichen ausweichen. Viele Votivtafeln und Marterl entlang der Isar zeugen davon.

Im Topo-geographisch-statistischen Lexicon des Königreichs Bayern von 1831 ist Folgendes zu lesen: „… bei dem Michaelsstein, Georgstein und Grünwald sind für die Floßfahrt gefährliche Stellen; oft stürzt hier der Fluß mit Gewalt auf die Felsen an, so dass die Flöße scheitern.“

Eine dieser fahrtechnischen Herausforderungen passieren wir, den Georgenstein bei Baierbrunn, landschaftlich einer der schönsten Abschnitte, in dem die Isar noch weitgehend frei fließen darf. Oft hat man überlegt ihn zu sprengen, man erhielt ihn aber als Naturdenkmal. Heute sieht man noch den rund 25 Meter langen und mehr als acht Meter breiten Leitdamm aus Felsbrocken, mit dem man die Isar für die Flöße links der „Mini-Loreley“ vorbeigelenkt hat. Kräftige Arme und Rudertalent sind aber bis heute angebracht.

Immerhin: Als Gefahrenausgleich konnten die Flößer gut verdienen und waren keineswegs arme Leute. Jedenfalls dann, wenn sie nach der Landung in München schleunigst den Lohn einsteckten und ohne einen Umweg zu einer der Spelunken in der Au ins Oberland zurückwanderten.

 

Als der Floßfahrt auf der Isar das Wasser abgegraben wurde …
Über das Ende der Flößerei

Wasserstand und Strömung bestimmten schon immer das Reisetempo auf dem Floß. Wir haben Glück, der gemächliche Lauf des Niedrigwassers hat unsere Fahrtzeit verlängert – auch der Außenborder konnte da nur wenig ausrichten.

Nach 16.00 Uhr biegen wir am Isarflößer, einer Bronzeskulptur des Bildhauers Fritz Koelle, in den Ländkanal ab und sind fast am Ziel angelangt, der Zentrallände in Thalkirchen nahe des Tierparks. Es gibt sie erst seit 1899, vorher legten die Flöße an der Unteren Lände nahe der Ludwigsbrücke im Lehel an, wenn diese überfüllt war und nach ihrer Schließung 1870 wichen Sie auf die Obere Lände aus, sie war gegenüber des heutigen Deutschen Museums.

Die Verlegung zeugt vom Niedergang der Floßfahrten auf der Isar. Landeten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts jährlich bis zu 8.000 Flöße in München an (die späte Blütezeit des Gewerbes durch den Ausbau der Residenzstadt unter König Ludwig I.), verkümmerte die alte Kunst durch die Errungenschaften der Moderne. Die Dampfschifffahrt und Eisenbahn schoben sie aufs Abstellgleis, die Regulierung des Wasserlaufs durch den Bad Tölzer Stausee oder den Sylvensteinspeicher grub ihr das Wasser ab. Eine der letzten Floßfahrten, die Aufsehen erregte, war 1904 der Transport eines riesigen Kupferdeckels zur internationalen Spirituosen-Ausstellung nach Wien.

 

Die Renaissance der Floßfahrten …
und legendäre letzte Meter

Etwa zur gleichen Zeit begannen die Vergnügungsfahrten auf der Isar. Schon seit 1640 hatten z.B. 24 Tölzer Zunftflößer das Recht, zweimal in der Woche nicht nur das geschätzte Bier, sondern auf sogenannten Ordinari-Flößen auch Personen nach München zu bringen. Wer erster Klasse reisen wollte und konnte, durfte unter einem Holzdach oder in einer beheizten Hütte Platz nehmen. Einmal die Woche fuhren sogar Fernreiseflöße nach Freising und via Deggendorf auf der Donau weiter bis nach Passau, Wien und Budapest.

Gegen Ende der 1950er Jahre erfuhr das Handwerk der Flößer eine Renaissance durch die Münchner Studentenverbindungen, die bis heute anhält – die Eventfloßfahrten auf der Isar waren geboren.

Seit wir auf dem Isarwehrkanal durch den Süden von München fahren, besuchen uns badende Kinder auf dem Floß, amüsierte Schaulustige säumen das Ufer und winken herüber. Zugegeben, auch der eine oder andere fassungslose Blick streift uns, denn die Stimmung ist auf einem Höhepunkt angelangt.

Wir vermeiden an dieser Stelle den Vergleich zum Oktoberfest, aber Stadtführer, Trambahnfahrer und Servicekräfte tanzen, dass sich die Balken biegen, und wir singen aus vollem Hals zur Stimmungsmusik. Weitere Details verbuchen wir jedoch als Betriebsgeheimnis … die müssen Sie selbst erleben.

Wenn wir Ihnen Lust gemacht haben, dann kontaktieren Sie uns!
Ihr Team vom Spurwechsel-Blog

 

PS Aber nicht zu lange warten – die Floßfahrten ab Wolfratshausen auf der Isar zwischen 1. Mai und September sind immer rasend schnell ausgebucht. Schließlich gehören sie bei vielen unserer Kunden schon zur Betriebs-Ausflugs-Tradition.

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